Stell dir vor, du sitzt mit Freunden in einem Café, und draußen beginnt es zu regnen. Einer sagt: „Tja, Wetter ist eben Wetter.“ Der nächste grinst und meint: „Ach, wunderbar, noch ein grauer Tag in unserem perfekten Land.“ Der dritte schweigt und zuckt nur mit den Schultern. Keiner dieser drei tut irgendetwas mit dem, was gerade passiert. Keiner steht auf, um den Tisch ins Trockene zu rücken. Keiner sagt: „Mist, das wird für die Leute ohne Regenschirm heute unangenehm.“ Keiner entscheidet sich dazu, den Moment bewusst wahrzunehmen. So ist es mit der Welt. Distanz, Ironie und Zynismus bewegen nichts. Wer sich nicht positioniert, wird halt einfach nass.
Lies hier auch meine Idee einer Demokratiewende sowie hier meinen Artikel über meine Erfahrungen an den politischen Infoständen im Wahlkampf für die Bundestagswahl 2025: Infostände — Dastehen, wofür man einsteht.
Seit ich meine Kandidatur bekannt gegeben habe, erreichen mich – direkt oder über Umwege – immer wieder Nachrichten wie diese: „Setzt du bei den Grünen nicht auf die falsche Partei?“ oder „Das ist aber mutig, dass man sich das in diesen Zeiten traut!“
Mutig? In einer Demokratie sollte es selbstverständlich sein, für seine Überzeugungen einzustehen. Die Grundlage eines demokratischen Systems ist, dass Menschen sich beteiligen, streiten, diskutieren – und dass Meinungen nicht nur geäußert, sondern auch ernst genommen werden. Ohne das gibt es keine lebendige politische Kultur, sondern nur Passivität und Resignation.
Sich nicht für das einzusetzen, was man für richtig hält, nur weil Gegenwind aufkommt, und sich am Ende für gar nichts stark zu machen, ist bequem. Aber ist es auch richtig?
Ich kenne distanzierte Neutralität, ich kenne Ironie und Zynismus in jede Richtung. Aber diese Haltungen sind nicht Ausdruck von Unabhängigkeit oder Eigenständigkeit oder gar intellektueller Überlegenheit. Es ist das Gegenteil von dem, was nötig ist: mit konkreten Haltungen auf die Welt angemessen zu reagieren.
Politische Tätigkeit zeigt eine Leidenschaft zur Beteiligung. Sich dieser Beteiligung nicht zu verschreiben, ist völlig legitim – aber wer nur danebensteht und die Hände in die Taschen steckt, sollte sich nicht einreden, er sei dadurch freier oder klüger als die, die sich einsetzen.